Hinreißend zerworfene Bilder aus einer Melasse von Asphaltlack, Aquarellfarbe, Ausziehtusche, wie auch Sprühlack, Druckertinte und einigem mehr lassen den Heroen Parzival auferstehen. Er entsteigt immer wieder dem dunklen Prospekt, entringt sich mit scharfen Konturen der Mixtur der delikaten, kontrastreichen Materialien und wirkt in dem weißen, dekorativ geschwungenen Rand doch eingefasst und in die Ferne gerückt. Die Präsenz des Helden bleibt bei Pelka fragwürdig und ambivalent. Damit steht er in allerbester Nachfolge zu seiner ersten, schriftlich zwischen 1200 und1210 abgefassten Version in mittelhochdeutscher Sprache. Der Autor Wolfram von Eschenbach bleibt in der Forschung selbst weitestgehend im Dunkeln, aber immer wieder eingeschaltete Selbstkommentare und die hintersinnige Art der Schilderung offenbaren eine Distanz des Erzählers nicht nur zu seiner Figur Parzival, sondern auch zu seiner Zeit und wohl auch zu sich selbst. Die Ambivalenz des Epos und seiner Figur nimmt erzählerisch bereits bei Wolfram Form an. Von Ironie zu sprechen, wäre noch verfrüht.

In Pelkas Zyklus zum 800jährigen Jubiläum wird die althergebrachte Handlung referiert in hingeschmissenen Textausschnitten, die im Transfer in die Gegenwart und mit zuweilen jugendsprachlichen Ausdruck das Genre des Heldenepos durchbrechen. Kindliche Naivität in seiner Jugend, ignorante Verkennung seiner Bestimmung zum Gralskönig, das durchgehend fatal verwickelte Erkennen seiner eigenen Verwandten, die geradezu glamouröse Karriere als Ritter der Artusgesellschaft im Gegensatz zu seiner inneren Ziellosigkeit… all das wird geschildert. Aber auch die Drangsal der Gefühle von Einsamkeit, des Gewissens und die Einkehr sind bildhaft erfasst und symbolisiert in den Szenen eines hasenohrigen Helden. Die eingeworfenen Glossen sind dabei eher im Tonfall einer liebevollen Anteilnahme gehalten, als dass sie ironische Häme ausdrücken. Es wird zwar rabiat über die Grenzen von Hochkultur und Trivialkultur hinweg gegangen. Doch wird Parzival nicht einfach der Lächerlichkeit Preis gegeben – er ist kein tragischer Tollpatsch wie aus dem Comic. Zu verbindlich bleibt der Kommentar, zu substanziell der malerische Vortrag.

Im Parforceritt durch die Handlung und durch die Materialien werden bildnerisch wahrhaftig die annoncierten ?famosen Szenen? kreiert. Neben den erzählerischen Abriss treten zur Zeichnung auch die ?guten Titel”, die mit schwarzer Tinte auf den verschlungenen, weißen Rand gesetzt sind. Das jeweilige Blatt wird mit dem originalgetreu mittelhochdeutschen Ausdruck benannt. Er ist das Motto der Darstellung und bringt die jeweilige Station der Irrfahrt zum Ich auf einen Begriff. Der Form nach ist Pelkas Adaption des mythischen Stoffs also, ganz ähnlich dem der kunsthistorischen Gattung des Emblems, dreigeteilt: in Titel (Lemma), Bild (Icon) und Erklärung (Epigramm). Schlaglichtartig werden bei Pelka die verschiedenartigen Bild-Text-Elemente jedoch nicht archaisierend verrätselt, sondern komprimiert und in die Jetztzeit transferiert. Wenn die literarische Szene des Heldenepos dabei also quasi pseudoakademisch betitelt und doch im Kommentar provokant unterminiert wird, so erweist sie sich gerade in ihrer ganz und gar aktuellen Dimension.

In den Fugen der verschmolzenen Collagen verkriecht sich weiterhin die Absurdität eines gebrochenen Helden. Er könnte zeitgenössischer nicht sein. Parzival steht in dem kühnen Cross-Over von Pelka für das grundsätzlich unzulängliche menschliche Bewusstein. Bis zum Gnadenakt der vorherbestimmten Krönung zum Gralskönig verkörpert er die uneinholbare Divergenz der eigenen Identität.

Das auf einem konkreten Bild heraus geschälte Thema ist immer auch Schema mittelalterlicher Weltsicht – und gleichzeitig im Transfer Folie für die Definition und Hinterfragung moderner Lebensbereiche. Die Arbeiten lassen Techniken, lineare Narration, figurative und abstrakte Bildelemente, Gestern und Heute zusammenschießen. Das Schicksal des Helden namens ?Durch-das-Tal? kommt uns als überwältigter Betrachter dieser Adaption schließlich ganz ohne Ironie nahe. Faktische Erfahrung Parzivals, nicht individuelle Entwicklung eines Einzelnen, erleben wir nach; immer auf der Suche im Zeichen von Zweifel, Treue, Ehre, Freude, Erkenntnis usw. Es sind zeitlose Topoi menschlicher Existenz. Sie sind archetypisch und von mythologischer Tragweite. Im Auge des turbulenten Schwanks entfalten die prototypischen Titel der Erlebnisse ihre Macht: als magische Begriffe in der Fraktur der verschollenen Sprache. Ohne jede Metaphorik rücken sie uns auf den Leib, übertragen sich enigmatisch und stiften an zur Wahrnehmung von Welt.