“Love Lights” – Wie mag man das übersetzen? “Liebeslichter”, “Liebesleuchten”? Oder gar “Liebesglühen”? Die Farben in Florian Pelkas so betiteltem Bild (2011) sind fürwahr warm bis glutvoll. Ein offensiv heikles Kolorit in einer inhaltlich wie formal gewagten Komposition.

An höherer Stelle und erhaben thront eine indische Liebesgöttin vor einem ornamentalen Band aus Lotusblüten. Die sternförmige florale Form trägt bereits ein Strukturprinzip des Bildes in sich. Hier kreist vieles und manches um die Liebe. Chiffren und Repräsentantinnen der Romanze und des Amourösen strahlen aus einem Zentrum heraus, sie erhellen die in eine imaginäre Tiefe geöffnete, von Rotationen und schlängelnden Windungen bestimmte und bewegte Szenerie. Die in diesem thematischen Zusammenhang vielleicht merkwürdig anmutenden Hubschrauber ließen sich mit etwas Fantasie zu Flugzeugen im Bauch, also den durchaus rumorenden Zeichen des Verliebtseins umwandeln. Das kleinere, eher stilisierte Fluggerät in der rechten Bildhälfte scheint, bleiben wir beim fruchtbaren Magnetismus, wie eine Biene auf einer Blüte auf einem Schild landen zu wollen.

Ein Pendant zur Liebesgöttin findet sich in der rechten unteren Ecke des Bildes. Die hellgelb strahlenden Sternformen in der Höhe korrespondieren mit stilisierten, atmosphärisch aufgeladenen weiblichen Körperkonturen in einem plakativen Aufsteller, neonfarben leuchtend. Obwohl die Malweise variiert, liegt doch eine Gemeinsamkeit in der werbegrafischen Textur: Offensiv werden hier körperlicher Reiz und Verführung ausgeflaggt, dennoch sieht und spürt man den Unterschied, und auch die Platzierung unten rechts spricht für sich.

Das Schild, das für amouröse Etablissements und Erlebnisse werben könnte, befindet sich zwar der Marketingabsicht entsprechend im Vordergrund, aber auch in den unteren Regionen, in ethischen Kategorien rangmäßig niedriger, gesunkenes Kultur gewissermaßen, eine physische Verrichtung mit Warencharakter – und wenn man so will auch abgedriftetes Naturgut. Die Liebesgöttin, Ausdruck von Kult und Tradition, von metaphysischem Rang, repräsentiert Kultur als gewachsene Tradition. Sie gibt sich als eine verehrte Ikone, als eine heilige Substanz.

Auf einer Achse, die von der oberen Bildmitte in die rechte untere Ecke verläuft, könnte man eine Entwicklung des Liebesgöttin, als auch der kultischen Verehrung der vermutlich wichtigsten emotionalen Bindung und Ausrichtung im Leben eines Menschen, hin zu einem profanen Gut sehen.
Der Zwischenzustand ist der Auftritt der Göttin in einem Kreis, der gleichfalls wie ein Schild, wie das Markenzeichen eines Unternehmens, vielleicht sogar wie eine Kühlerfigur erscheint. Florian Pelka übernimmt hier Designformen, die einen Zeitgeist und einen nicht zuletzt durch Werbemaßnahmen etablierten Geschmack widerspiegeln. Das wäre ein möglicher Zugang zu dem Bild, das ja auch schon als Motiv der Einladungskarte eine durchaus prominente Stellung in dieser Präsentation einnimmt.

Es gibt aber noch ganz andere Betrachtungsweisen. Nehmen wir weniger die inhaltlichen Momente, sondern eher die kompositorischen Elemente. Zum einen sehen wir eine Wechselspiel von malerischen und grafischen Anteilen, wobei letztere wie schon erwähnt auch für eine bestimmte werbende Strategie stehen. Malerisch betrachtet, begegnen wir den unterschiedlichsten Texturen. Mal ist die Farboberfläche eher geschlossen, stofflich, wie eine atmende Haut, die für sich steht und sich nicht in den Dienst eines Gegenstandes stellt. Mal ist sie eher lasierend und luftig. Und dann gibt es noch Bildzonen, in denen Farbflächen in einer artifiziellen Pointierung wie in einem Pop-Up-Buch oder Papiertheater eine künstliche Kulisse markieren. So zu sehen im Zentrum des Bildes, in dem eine schier unendliche blau-rosa Weite von einer scharf konturierten Landschaftssilhouette mit gleichwohl absolut künstlichen und künstlerisch selbstgenügsamen Farbschichtungen verstellt wird.

Das Bild in solche unterschiedlichen Ebenen und Elemente aufzufalten, macht insofern Sinn, als dadurch auch die Offenheit markiert wird, mit der es zur Betrachtung einlädt. Die Bewegung, die Auslegung von Spuren, die exzentrische, also aus einem inhaltlichen und formalen Kern heraus angelegte Entfaltung hält auch das Auge des Betrachters in Bewegung. Die Komposition ist in ihrer weder durch Achsen noch durch exakte Tiefenstaffelung gesicherten Struktur ein Wagnis, ein Schweben, ein Abheben, wie es das Thema “Liebesleuchten” ja auch nahelegt.
Florian Pelka bietet nicht nur mehrere Motivkreise, sondern auch unterschiedliche Kompositionsstrukturen an. Mal fällt die Bildanlage eher luftig und geweitet aus, mal extrem verdichtet, Volumen und Körperlichkeit betonend.

Als Kontrapunkt dazu lässt sich das Bild an dieser Wand auffassen, das den schönen Titel “Die String Theorie (am Pool)” (2004) trägt. Die Kunstbetrachtung hat ja den schönen Nebeneffekt, mit Dingen konfrontiert zu werden, die schon länger wie ein Buch mit sieben Siegeln gewirkt haben. Die Teilchenphysik beispielsweise, die auf der Suche ist nach den kleinsten stofflichen Einheiten, und die ihre in Formeln gefassten Vorstellungen gerne mal für die Öffentlichkeit in griffige Illustrationen übersetzt. Die in etwa als Schwingungen aufgefassten “Strings” als Feinst-Elemente von Körperlichkeit haben Wissenschaftler als schwebende, schlingernde Trapeze dargestellt, wie sie auch durch das Bild von Florian Pelka wabern. Dieses eher metaphysisch als physikalisch wirkende Schauspiel vollzieht sich vor einer malerischen Horizontbeschreibung aus warmen flammenden Rottönen und kühlerem Blau-Grün. Im Zentrum des Bildes sehen wir ein perspektivisch verzerrtes Geviert, das im Zusammenschluss mit dem Geländer am rechten Bildrand als Pool gesehen werden kann. Das Surrogat des Planschbeckens anstelle des Naturerlebnisses korrespondiert hier mit der Massenware-Skulptur en miniature, dem Piss-Männchen, anstelle eines handelnden Subjekts im Bild. Um noch einmal auf den Titel zurückzukommen: Die String-Theorie am Pool kann natürlich auch auf den minimalen Stoffaufwand bezogen werden, mit dem in Bad- und Bräunungregionen der weibliche Unterleib spärliche Bedeckung erfährt.