Welche Macht wächst den zeichenhaft verkürzten Abbildern von Realität zu, den Klischeebildern und Icons der Informations- und Konsumgesellschaft? Welche Erscheinungsweisen der mehr und mehr nur medial vermittelten Wirklichkeit konditionieren unsere Wahrnehmung? Dies sind die Felder der Reflexion -einer ikonographischen wie auch phänomenologischen Fragestellung- auf denen sich die Arbeit Florian Pelkas verorten lässt. Der Künstler schafft dabei immer den Brückenschlag in die sinnliche, materielle Kraft der Malerei.

Die Werkgruppe “Abstrakt” setzt an bei der Untersuchung der technisch bedingten Eigenheiten moderner Medien, speziell von elektronisch erzeugten Monitorbildern. Oft entspricht unsere Sehgewohnheit hier weniger einer Wahrnehmung, als vielmehr einem beschleunigten Eindruck. Zu Standbildern verlangsamt zeigen sich in den Rastern Interferenzen, Geisterbilder und Aberrationen. Die Farbe selbst scheint in dieser Welt nicht mehr an den Dingen zu haften. Diese Phänomene sind die Grundlage für einen eigendynamischen Umgang mit Farbe, nicht als Lokalkolorit, sondern als Lichterscheinung. Dabei laufen etwa in der Serie “Artikel”, ähnlich den Bildzeilen der Monitorbilder, Riefen über das gesamte Format. Sie strukturieren die Fläche und verleihen dem Bild eine eigenwillige Textur. Hervorgehoben durch sehr flüssigen und sehr trockenen Farbauftrag beginnt Florian Pelka mit den farbigen Rhythmen ein Spiel der Mutationen und Permutationen. Das Ergebnis ist so wenig statisch wie seine Entstehung: Ein Schimmern und Flimmern gibt dem Bild seine vibrierende Präsenz.

In der Videoinstallation “Haut” lässt sich unschwer das selbe formale Bestreben, nun in einem anderen Medium, ausmachen. Hier ist es die Oberfläche des menschlichen Körpers, die unaufhörlich neue, fluktuierende und vibrierende Faltungen annimmt. Es sind wortwörtlich Eindrücke, die durch Druckluft hervorgerufen werden. Als eine manipulative Art der Reizüberflutung lassen sie die menschliche Gestalt mutieren.

Zunehmend werden in die gemalte Bildtextur auch abstrakte Formen und festumrissene Zeichen eingearbeitet. Merkwürdige, ellipsenhafte Embleme etwa, auch Piktogramme der Warenwelt, technische Symbole u.Ä. verlangen scheinbar eine Interpretation. Im Betrachter erwacht der Wunsch nach Deutung. Wie sehr sind nicht im urbanen Raum auch schon einfache Hinweiszeichen auf Orientierungstafeln Momente von Vertrautheit? Sind nicht selbst auf Bedienungsanleitungen die schematischen, typisierten Abbildungen so anziehend? Ist nicht unsere Fixierung in der medialen Landschaft auf Firmen- und Markensymbole legitim? Die an sie gekoppelten Verheißungen bieten die Möglichkeit zur Projektion, ja zur Identifikation. Logos mögen in unserer Lebenswelt den ikonographischen Wert gewonnen haben von sinnstiftenden Symbolen, vergleichbar den Wappenzeichen oder religiösen Symbolen früherer Zeiten. Die in den bewegten Farbstrom eingelassenen Formen Florian Pelkas lassen diesen Bedeutungsraum bewusst offen. Magisch wirkende Formen bannen allenfalls den Blick des Betrachters -vorübergehend, dann gehen sie doch in der malerischen Bildorganisation wieder auf.

Erneut wird die erweiterte Thematik parallel auch in einer Videoarbeit reflektiert. “Signal” ist an anonymen Orten des öffentlichen Raumes, wie z.B. in Flughäfen, entstanden. Alle Hinweiszeichen oder Firmenlogos sind dabei nachträglich von vereinfachten, abstrakten Symbolen ersetzt worden. Trotzdem scheinen sie in ihrem Wechsel die Bewegung der Menschen zu lenken und zu steuern. In Slow-Motion-Bildern und mit pulsierenden Klängen unterlegt, wird ihr Verhalten entblößt, bald als kollektiver Herdentrieb, bald als erwartungsvolles Erschauern. Es scheint eine absurde Zeichengläubigkeit zu sein, die durch Demontage ans Licht gebracht und als moderne Form des Bildergebrauchs persifliert wird.

Mit der Werkphase ab 2004 wird der Bildraum spielerischer aufgefasst; mehr und mehr wird er nun auch von figurativen Motiven bevölkert. Es sind Versatzstücke der gesellschaftlichen Umwelt. Der Mensch selbst erscheint nicht. Aber in schematischer Art werden Dinge etwa aus der Konsumwelt dargestellt, Verpackungen beispielsweise, Einkaufswagen oder Autoskooter, die viel von den Wünschen und Werten einer Gesellschaft erzählen. Es sind gerade die allergewöhnlichsten Dinge, die sich als industrielle Produkte in den Bildern nur prototypisch erklären lassen. Sie entfalten keinen wirklich narrativen, das Bild beherrschenden Zusammenhang. Sie bleiben, reduziert oder fragmentarisch wiedergegeben, seriell angeordnet oder verschränkt mit anderen Gegenständen und Formen, nur Modelle und klischeehafte Zitate. Die Tatsache, dass sich Dinge wie eine Wartebank oder ein Einwegbecher so einfach und kollektiv aus unserem visuellen Gedächtnis abrufen lassen, kann dabei schon Grund für ein Gefühl der Unheimlichkeit sein. Die Bilder befinden sich in einem seltsamen Schwebezustand zwischen verschiedenen Deutungsmöglichkeiten auf verschieden abstrakten Bedeutungsebenen. Die gegenständlichen Motive selbst werden oft in gestaffelten Perspektiven angeordnet. Sie übernehmen nur die Funktion von Chiffren einer befremdlich anmutenden Lebenswelt. Zuweilen ist diese Dekonstruktion ironisch lesbar, zuweilen verbindet sich mit ihr auch eine poetische Stimmung des Unwägbaren. Immer drängt sich dem Betrachter aber längst im Spiel der figurativen Anteile umso sinnlicher, umso konkreter die materialästhetische Kraft der Bilder auf. Die malerische Leichtigkeit mit der die gegenständlichen Fragmente in sie eingelassen sind, scheint die Frage nach ihrer genauen Bedeutung hinter sich zu lassen.

Die “Affen” sind thematisch ein Kontrapunkt zur medial repräsentierten Realität. Wir sehen in diesem Tier eine ursprüngliche, authentische Kraft. Zugleich stellt uns das so nah verwandte Tier die Frage nach unserer eigenen Natur und dem entscheidenden Unterschied menschlicher Intelligenz. Primaten können lernen, mit Zeichen zu operieren. Was ist im Gegenzug in unserem Blick auf die Realität, konditioniert von Modellen und Symbolen, noch Wahrnehmung, was noch authentische Erfahrung? Die Darbietung von Gorillas auf Taschentüchern, die eigentlich für das menschliche Gesicht bestimmt sind, erschwert nur noch mehr die Grenzziehung. Wir stehen vor einem Spiegel. Die Affen hier scheinen gefangen, ja oft befangen in den strengen Rändern der Taschentücher und vor dem ebenfalls seriell gestreiften Hintergrund. Die Bedrängnis und Verunsicherung der Affen bringt uns das Spiegelbild näher als wir erwartet haben; es wird zur psychologischen Projektionsfläche.

Die Arbeiten Florian Pelkas untersuchen, über das Tafelbild hinaus, die Bedingungen und Möglichkeiten einer Repräsentation der Wirklichkeit in Bildern. Sie sind damit nicht nur unmittelbarer, expressiver Ausdruck eines Lebensgefühls in der Informationsgesellschaft. Die visuellen Klischees unseres Alltags werden spielerisch benutzt. Die Sehgewohnheiten aus den Medien werden aufgenommen und erweitert. Durch Verschiebungen und Verschränkungen auf diesen Ebenen gelangt Florian Pelka zur Synthese einer eigenwilligen Bildsprache. Es sind dabei die sinnlichen Qualitäten der materiellen Wirklichkeit eines Tafelbildes, die in diesem Spiel gewinnen.